1918: 2x Kriegskirmes in Krofdorf

In Kriegszeiten Kirmes feiern? Ja das gab es in Krofdorf, im letzten Jahr des 1. Weltkriegs (1914-1918) sogar an zwei Orten. Zum einen eine „Kriegs Kirmes 1918“ in der Gastwirtschaft Moos, die andere in der Gastwirtschaft Freund unter dem Motto „Zur Erinnerung an die Kriegs-Kirmes 1918 das erste Wiedersehen“. Beide unten eingefügten Fotos sind bemerkenswerte Dokumente einer Zeit, als selbst Kirmesmädchen noch lange Röcke trugen. Nur wenig später verschwanden diese Kleidungsstücke, jedenfalls bei jungen Frauen, aus dem Ortsbild. Mit dem Ende des Krieges wenige Monate nach beiden Aufnahmen brach eine völlig neue Zeit mit neuen Moden an. Sicherlich auch für Krofdorf.

Kirmes 1918 Moos (1)klKriegskirmes 1918 in der Gastwirtschaft Moos

Kirmes 1918 FreundsklKriegskirmes 1918 in der Gastwirtschaft Freund

1905: Haushaltsschule für junge Krofdorferinnen

Kochen, backen, nähen, das waren Fertigkeiten, die Hausfrauen vor 100 Jahren ohne Wenn und Aber auch unter schwierigen Bedingungen beherrschen mussten. Für Landwirtinnen kamen noch weitere Aufgaben hinzu. Wann jungen Mädchen unseres Dorfes erstmals angeboten wurde, ihr hausfrauliches Können unter Anleitung einer Lehrkraft zu erwerben, ist nicht bekannt. Das erste fotografische Zeugnis eines solchen Haushaltskurses . siehe unten – stammt aus dem Jahr 1905 und befindet sich im Archiv der Fotofreunde. Es entstand am Aufgang zu den Unterrichtsräumen der neu erbauten Schule an der oberen Hauptstraße (heute Kindergarten). Bemerkenswert: alle Kursteilnehmerinnen, 18 bis 20 Jahre alt, sind noch in Tracht. Der Name und die Herkunft der Kursleiterin in Bildmitte ist leider nicht überliefert.

Haushaltsschule (1905-06) 1kl

1931: 25 Jahre Freie Turnerschaft Gleiberg

Einige Jahre früher als unten in Krofdorf hatten sich bereits 1906 Gleiberger Sportsfreunde in der „Freien Turnerschaft“ zusammengetan. Freie Turner, das waren vornehmlich Arbeiter mit sozialistischer Einstellung, während Mitglieder traditioneller Turnvereine zumeist aus dem bäuerlichen und bürgerlichen Milieu stammten. Landwirte gab es zwar auch in Gleiberg, doch als Vollerwerb lohnte sich hier oben die Feldwirtschaft nicht sonderlich. Und so musste der überwiegende Teil der Bevölkerung sich Arbeit in der Industrie umliegender Orte suchen. Kein Wunder, dass es in Gleiberg nie einen herkömmlichen Turnverein wie den in Krofdorf gab. Nach 1933 freilich gab es überhaupt keinen mehr, denn den Nationalsozialisten waren die Freien Turner ein Dorn im Auge, ihr Verein wurde kurzerhand verboten. Das war nur zwei Jahre nach dem Silberjubiläum.

Freie Turnerschaft Silberjubiläum 1931 (1)kl

1904: 25 Jahre Gesangverein „Hermanus“ Gleiberg

1904 feierte der Gleiberger Gesangverein „Hermanus“ sein 25jähriges Jubiläum. Welche Bedeutung dieser Männergesangverein für den Ort unter der Burg besaß, zeigt das unten eingefügte eindrucksvolle Foto: als ob ihm alle männlichen Bewohner Gleibergs angehört hätten. Damen durften damals noch nicht mitsingen, ihnen blieb beim Fest die Rolle als Ehrenjungfrauen, die ihnen aber sicherlich auch Vergnügen bereitete.

Eigentümer des Originalfotos ist Arno Willershäuser.

GV Hermanus (1904) 400dpikl

1909: Kriegerfest

Wer war der Veranstalter dieses Kriegerfestes? Ein Krofdorfer Kriegerverein, wie es solche nach dem deutsch-französischen Krieg von 1870/71 an vielen Orten gab? Das lässt sich nicht mehr feststellen. Das einzig greifbare Zeugnis von der Krofdorfer Feierlichkeit des Jahres 1909 ist das unten eingefügte Foto mit 24 jungen Leuten zusammen mit ihrem Tanzlehrer. Gekleidet ist die Gruppe in Phantasiekostümen, die Mieder und Röcke der Mädchen waren rot (mitgeteilt von Frau Ida Hahn, deren Mutter Wilhelmine Schubecker zu den Tänzerinnen gehörte). Die Aufnahme eines unbekannten Fotografen entstand im Garten der Gastwirtschaft Freund (später Bender, jetzt Lava) Hauptstraße 13.

Kriegerfest (1909) 1kl

1924: Ein Jugendfest am Waldesrand

Es lässt sich nicht mehr feststellen, auf wessen Initiative das „Jugendfest 1924“ zurückging, auch nicht an welcher Stelle es stattfand. Zu erkennen an den beiden Fotos unten ist jedoch, dass es irgendwo an einem Waldrand gewesen sein muss. Beide Aufnahmen eines unbekannten Fotografen stammen von Frau Erna Schaum, geb. Nickel, die damals selbst als Kind an dem Fest teilnahm.

Jugendfest 1924 (Erwachsene) von Farbkopie13xklDie Eltern

Jugendfest 1924 (Kinder) von Farbkopie13xklDie Kinder

1. Weltkrieg 1914-1918: Russische Kriegsgefangene in Krofdorf

Um die zahlreichen Landwirte zu ersetzen, die als Soldaten am 1. Weltkrieg teilnehmen mussten, kamen im Laufe des Krieges russische Kriegsgefangene ins Dorf. Im Gegensatz zu den russischen Gefangenen des 2. Weltkriegs galten sie nicht als missachtete „Untermenschen“, sondern waren zumeist Hausgenossen der Familien, denen sie zur Hand gingen. Wie jener junge Mann mit „Vatermörder“ auf dem Gruppenbild mit lauter Damen,  der als Knecht dem Landwirt Ludwig Schneider in der Fohnbachstraße 16 zugeteilt war.

Auf der Rückseite des nächsten Fotos ist vermerkt „Ruß Paul Kriegsgefangener im 1. Weltkrieg Hat diese Jahre bei uns gearbeitet“, nämlich bei „Moose“ (Leib) in der Inselstraße. Er soll, wie sich die Bildgeberin Frau Hildegard Heydorn erinnerte, ein Kosake gewesen sein. Paul wohnte allerdings nicht auf dem Hof, sondern wurde jeden Abend abgeholt und wieder morgens zur Arbeit gebracht.

Auf dem unten eingefügten Bild, das die Fotofreunde von Erika Drescher erhielten, hatten sich fünf von einer ansonsten unbekannten Zahl ihrer hier befindlichen Kameraden dem Fotografen gestellt. Ein Foto für ihre Familien? Möglicherweise. Aber auch, wie das obige, ein über die Zeit bewahrtes Zeugnis dafür, dass es sich um Menschen mit Würde handelte. Ihre Söhne, soweit sie später der Hitler-Wehrmacht in die Hände fielen, wurden zu Millionen als angebliche „Untermenschen“ dem Hungertod ausgesetzt.

5 Krofdorferinnen und 1 Russe (1915ca) 1k


Feldarbeit Kriegsgefangener 1. WK (1)kl5 russische Kriegsgefangene 1914-1918kl

1935: Musterung der Geburtsjahrgänge 1914 und 1915

Nach dem 1. Weltkrieg gab es in Deutschland keine Wehrpflicht mehr, die 1921 nach Vorgaben des Versailler Friedenvertrages aufgestellte sogenannte Reichswehr war eine Freiwilligenarmee beschränkt auf 100000 Mann. Das änderte sich nach der „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten. Im Juli 1935 wurde wieder die allgemeine Wehrpflicht eingeführt. Damit waren die Geburtsjahrgänge 1914 und 1915 wehrpflichtig geworden. Auch in Krofdorf-Gleiberg.

Das unten eingefügte Foto aus dem Archiv der Fotofreunde entstand 1935 und zeigt die erste nun wehrpflichtig gewordene Nachkriegsgeneration junger Krofdorfer und Gleiberger  nach der Musterung. Die meisten davon mussten 1939 in den von Nazi-Deutschland ausgelösten Krieg ziehen, aus dem viele von ihnen nicht zurückkehrten.

Musterung 1935 Jahrgg 1914 und 1915 (1) k

1934: Erntedankfest

Danken für den Ertrag der Ernte hat in vielen Kulturen eine lange Tradition. 1933 aber bekam der „Erntedank“ in Deutschland eine neue Qualität: die an die Macht gekommenen Nationalsozialisten machten neben dem „Reichsparteitag“ und dem „Nationalen Feiertag des deutschen Volkes“ (1. Mai) den Erntedank zu einem ihrer wichtigsten Feste. Das erste von der NSDAP veranstaltete „Reichserntedankfest“ fand bereits im Herbst 1933 in Bückeburg bei Hameln statt.

Da wollte man in Krofdorf auch nicht abseits stehen. Ob man hier das erste örtliche Erntedankfest bereits 1933 ausrichtete, ist nicht bekannt, für 1934 aber gibt es Fotodokumente dazu, von denen eines unten eingefügt ist. Das Bild entstand im Garten der Gastwirtschaft Moos, es stammt aus dem Fotoarchiv der Fotofreunde Krofdorf-Gleiberg.

Erntedank 1934 (1)kl