Dem Pastor Bescheid gesagt


Wilhelm Euler, siehe Bild von 1909, wohnte in der Hauptstraße 53. Besser bekannt war der Krofdorfer Pflasterer unter seinem Spitznamen „Schetze Euler“, und als eben dieser galt er im Dorf als Original. Worauf dieser Ruf beruhte?  Vielleicht weil Euler gerne allerlei Späße trieb und kuriose Geschichtchen von sich gab. Kinderlos verheiratet war er mit Wilhelmine Bodenbender aus Salzböden, einer Schwester von Ludwig Bodenbender, dem ersten Landwirtschaftsminister Hessens nach dem 2. Weltkrieg. Frau Euler starb, vor ihrem Ehemann, am 23. Februar. 1953, die Grabrede zwei Tage später hielt Pfarrer Franz Roth. Roth war von 1949 bis 1959 ein strenger und wortgewaltiger Hirte seiner Gemeinde, deren Mitglieder aber nicht gerade zu den fleißigsten Kirchgängern gehörten. Das verdross den Pfarrer natürlich, darum wohl ergriff er jede sich bietende Gelegenheit, seine Schäfchen zum Besuch der Gottesdienste zu bewegen.

Auch Wilhelm Euler bekam diese pastorale Bemühung zu spüren. Kaum nämlich war seine Frau unter der Erde, sprach Pfarrer Roth (Foto von 1953) ihn noch am Friedhof folgendermaßen an: „Nun Herr Euler, ich hoffe, dass ich Sie demnächst sonntags des öfteren in der Kirche begrüßen kann“. Man sollte meinen, der trauernde Witwer hätte sich die Worte des Pastors – Einladung und Ermahnung zugleich – wenigstens höflich angehört. Doch nichts dergleichen. Der Pflasterer, berüchtigt für sein respektloses Mundwerk, machte dem Pastor umgehend klar, was er von dessen Wink mit dem Zaunpfahl hielt. „Eabbes will ich dr sa“, tat Euler in seinem heimatlichen Dialekt und dazu in vertraulicher Duz-Form dem aus dem Rheinland stammenden Pastor kund, „jetzt sein ich 70 Juur aalt, ean besher hun eich mer vu kann sa losse, wu ich sonndogs hie ze gie hu. Deashalb loss ech mr doas ach vu dir niet sa“. Ob oder wie Pfarrer Roth auf diese ziemlich eindeutige Abfuhr reagierte, ist nicht überliefert.

Um zu unterstreichen, wie ernst seine Worte gemeint waren, verschärfte sie Wilhelm Euler etwas später einem Nachbar gegenüber sogar noch mit dem Hinweis: „Dem hun eich vielleicht Bescheid gesaat!“.

Aufgezeichnet von Siegfried Träger