1910: Ein Krofdorfer Matrose in Shanghai

Karl Weil, Landwirt und Elekromeister in der Hauptstraße 48, war in seiner Jugend wahrscheinlich einer der ganz wenigen Krofdorfer mit umfassender Welterfahrung, dies im wahren Sinne des Wortes: 1910 nahm er als kaiserlicher Matrose des Kreuzers Emden an einer Umrundung des Erdballs teil, da war er 22 Jahre alt. Noch im hohen Alter, er wurde fast 92, erzählte er gerne von den dabei erlebten Abenteuern, etwa von seiner Äquatortaufe zwischen St. Vincent und Montevideo oder von einem Kampfeinsatz gegen „Aufständische “ auf der Südseeinsel Ponape. Dass die Emden-Matrosen aber auch vergnügliche Stunden erlebten, zeigt ein Foto von ihrem „Landgang“ in Shanghai im November 1910: Der Krofdorfer, umgeben von Kameraden, in einer Kutsche, auf dem Schoß ein chinesisches Mädchen.

Bildgeberin: Annemarie Gerlach, geb. Weil

Gleiberger Löschmannschaft anno dazumal

Ob es diesen fünf Gleiberger Jungmännern in ihren chicen Uniformen wirklich gelungen wäre, einen Großbrand zu löschen? Es ist leider nicht bekannt, ob ihre Dienste überhaupt einmal beansprucht wurden. Der gute Wille jedenfalls war vorhanden, wie es ihr entschlossenes Auftreten mit ihrem Schlauchwägelchen zeigt. Das Foto – Bildgeber und Information dazu Werner Mandler – entstand in den späten 1930er Jahren in einem nicht mehr vorhanden Hohlweg oberhalb des Hardtwegs (früher Langgasse).


Die Löschmannschaft von links: Reinhold Balßer; Willi Burk; Werner Mandler; Erich Steiß; Ernst Wagner

1978: Ein neuer Wettergockel für die Gleiberger Kirche

Es war natürlich nicht nur ein neuer (oder restaurierter) Wettergockel, mit dem Handwerker am 18. Dezember 1978 den Turm der Katharinenkirche unterhalb der Burg versahen. Vorausgegangen war unter der Bauleitung von Franz Schmidt eine Renovierung des Turmes mit Erneuerung des Turmdaches, die an jenem Wintertag bei minus 12 Grad ihr Ende fand.

Fotos: Siegfried Träger

Die Turmspitze wird mit einer Kugel versehen, die Dokumente der Zeit enthält.

Das Turmkreuz wird gesetzt

Und als Abschluss der Aktion kommt der golden glänzende Gockel an die Spitze des Ganzen

1925: Ehemalige Trafostation

Nur noch wenige Krofdorfer dürften sich an dieses eigenartige Bauwerk erinnern, das sich neben dem Backhaus zwischen Inselstraße und Hauptstraße befand. Bereits 1911 soll Krofdorf vom Elektrizitätswerk Gießen mit Strom beliefert worden sein, die bis dahin seit 1892 bestehende mit Öl betriebene öffentliche Straßenbeleuchtung wurde –  laut persönlicher Mitteilung durch Eduard Hoffmann, Dinslaken – nach Kinzenbach verkauft. Das Foto entstand 1925, unbekannt ist allerdings, wann das Häuschen errichtet und wieder beseitigt wurde. Ein Trafohäuschen der gleichen Bauart befand sich auch gegenüber der Oberförsterei am Beginn der heutigen Höhenstraße.

Bildgeber: Bernd Passinger, Gießen

Ein eiserner Koloss

Während heute das Getreide bereits auf dem Feld beim Ernten gedroschen und zu Strohballen verarbeitet wird, erledigten das in früheren Zeiten stationäre Dreschmaschinen riesigen Ausmaßes. Angetrieben wurden sie über einen Transmissionsriemen von einer Dampfmaschine. Um eben eine solche handelt es sich auf dem Foto unten. Deren Eigentümer war Ferdinand Wagner (ganz rechts), der seine Dienste zusammen mit einer  hier nicht sichtbaren Dreschmaschine in den 1930er Jahren auf seinem Hof in der Fohnbachstraße 25 anbot.

Bildgeberin: Gertrud Ludwig, geb. Wagner

1922: Der erste Konsum in Krofdorf

1922 wurde im Haus Hauptstraße 2 für Kroforf die erste Verkaufsstelle des genossenschaftlich organisierten Konsum-Vereins Gießen gegründet. Ihre Waren durften nur an Mitglieder des Vereins verkauft werden, die allerdings Anspruch auf Rückvergütung auf den gezahlten Warenpreis hatten. Das Konsumwesen stand, historisch bedingt, den Gewerkschaften und der SPD nahe.
Erster „Lagerhalter“ in Krofdorf war Hermann Schieferstein, Maurer von Beruf und Invalide des 1. Weltkriegs (auf dem Foto unten rechts). Zu sehen sind auch die beiden Verkäuferinnen, im Fenster links Lina Becker aus der Kinzenbacher Straße 5, neben ihr Luise Schmidt aus der Kinzenbacher Straße 3. Später etablierte sich der Konsum im Haus Burgstraße 1.

Bildgeberin und Information: Therese Spengler, geb. Schieferstein

Massenweise Rollmöpse

Kaum erkennbar dürfte auf den ersten Blick sein, womit diese sechs Damen beschäftigt sind. Was sich da vor ihnen auftürmt sind tatsächlich Rollmöpse, um von ihnen verkaufsfertig portioniert zu werden. Das Foto entstand um 1961 in einem Nebengebäude des Anwesens Großgasse 8, wo sich die  auf Fischprodukte spezialisierte Firma „Picobello“ von Eugen Müller etabliert hatte.

Bildgeberin: Klara Röhrsheim

1930: Hänschen in der Grube

Noch ganz ohne Designer-Klamotten, sondern in sehr individuell gestalteter Alltagskleidung machen sich diese Mädchen und Buben einen schönen Lenz. Fotografiert hat sie der Gemeinderechner und Hobbyfotograf Wilhelm Göbler im Frühjahr 1930 in der den Freien Turnern dienenden Sprunggrube auf der „Steul“, an deren Stelle sich heute der rechte Teil der Gemeindeverwaltung befindet. Das Foto wurde am 29. April 1930 als Postkarte an Eduard Gombert nach Köln geschickt, dessen Sohn, sein „liebes Hänschen da sitzt, als ob er immer dazu gehörte.“, wie es im Text der Postkarte heißt. Hänschen, in Bildmitte mit kecker Kopfbedeckung, hielt sich tatsächlich nur zu Besuch bei Krofdorfer Verwandten auf.

Bildgeber: Hans Gombert, ehemals das Hänschen auf dem Foto.

1913: Riege des Krofdorfer Turnvereins

26 Jahre bereits bestand der 1887 gegründete Krofdorfer Turnvereins, als sich diese 9 jungen Männer dem Fotografen stellten. Nur 3 von ihnen sind noch namentlich bekannt (siehe Bildlegende). Hatten sie an einem Wettkampf teilgenommen? Auch diese Frage lässt sich nicht mehr klären. Das Foto erhielt unser Archiv von Christel Weller.

Von links: 1. Karl Schmidt, Krokelstraße 2; 5. Wilhelm Leib, Hauptstraße; 6. Wilhelm Hofmann, Hauptstraße 4

„1. Ausfahrt der Burschenschaft“

Trotz intensiver Recherche ist es nicht gelungen, das genaue Datum – vermutlich 1928 – und den Ort dieses grandiosen Fotos von einer Busfahrt Krofdorfer Burschen zu ermitteln. Die auf dem Schild im Vordergrund genannte Burschenschaft hatte keinen Namen (wie etwa die 1928 gegründete Burschenschaft „Frohsinn“), ihre Mitglieder dürften eher dem „linken“ Spektrum des Dorfes angehört haben und verkehrten in Freunds Wirtschaft, Hauptstraße 13. Obwohl die Namen aller Abgelichteten bekannt sind, wird hier nur ihr Fahrer vorgestellt: August Zavazal aus der Seestraße 5 (in der oberen Reihe links mit Schirmmütze und Fliege).

Bildgeberin war Frau Meline Schaum, geb. Schmidt, deren späterer Ehemann ebenfalls die Busfahrt mitmachte.