17.5.1910: Trümmerlandschaft Burghof

Am 17. Mai 1910 wurde der Gleiberg von einem schweren Gewittersturm heimgesucht. Welche Schäden er allein auf dem Burghof hinterließ, hat der Krofdorfer Fotograf Karl Weber in einem dramatischen Bild festgehalten: Zertrümmertes Mobiliar der Gartenwirtschaft und umgeknickte Bäume bedecken noch den Hof, während man bereits dabei ist, die Schäden zu beseitigen. Burgwirt Sebastian Niebergall – 4. von rechts mit Hut – scheint die Sache gelassen zu nehmen, ebenso der Bub im Vordergrund links: Es ist der aus der Froschgasse stammende Adolf Göbler.

Bildgeberin: Frau Gertrud Schlage, geb. Niebergall

1922: „Kleines Andenken der schönen Krofdorfer Tage“

Wenigstens  die Adressatin der am 3. August 1922 von Essen aus geschriebenen Bildpostkarte mit einer Festveranstaltung im Garten der Gastwirtschaft Moos ist bekannt: Fräulein Nettchen Röhrsheim, Krofdorf b. Gießen, Schulstraße. Wer aber hat sie als „kleines Andenken der schönen Krofdorfer Tage“ geschrieben? Und welcher Arte waren diese schönen Tage, die – was sich nur vermuten lässt – mit dem Fest zusammenhängen dürfte, das von so vielen offenbar frohgestimmten Menschen besucht war. Es muss eine große Sache gewesen sein. Aber was für eine? Das Foto ist leider von so minderer Qualität, dass sich keiner der beide Texttafeln an der Tribüne entziffern lässt.

Bildgeber: Heinz Drescher (der Sohn der Adressatin)

1910: Ein Krofdorfer Matrose in Shanghai

Karl Weil, Landwirt und Elekromeister in der Hauptstraße 48, war in seiner Jugend wahrscheinlich einer der ganz wenigen Krofdorfer mit umfassender Welterfahrung, dies im wahren Sinne des Wortes: 1910 nahm er als kaiserlicher Matrose des Kreuzers Emden an einer Umrundung des Erdballs teil, da war er 22 Jahre alt. Noch im hohen Alter, er wurde fast 92, erzählte er gerne von den dabei erlebten Abenteuern, etwa von seiner Äquatortaufe zwischen St. Vincent und Montevideo oder von einem Kampfeinsatz gegen „Aufständische “ auf der Südseeinsel Ponape. Dass die Emden-Matrosen aber auch vergnügliche Stunden erlebten, zeigt ein Foto von ihrem „Landgang“ in Shanghai im November 1910: Der Krofdorfer, umgeben von Kameraden, in einer Kutsche, auf dem Schoß ein chinesisches Mädchen.

Bildgeberin: Annemarie Gerlach, geb. Weil

Gleiberger Löschmannschaft anno dazumal

Ob es diesen fünf Gleiberger Jungmännern in ihren chicen Uniformen wirklich gelungen wäre, einen Großbrand zu löschen? Es ist leider nicht bekannt, ob ihre Dienste überhaupt einmal beansprucht wurden. Der gute Wille jedenfalls war vorhanden, wie es ihr entschlossenes Auftreten mit ihrem Schlauchwägelchen zeigt. Das Foto – Bildgeber und Information dazu Werner Mandler – entstand in den späten 1930er Jahren in einem nicht mehr vorhanden Hohlweg oberhalb des Hardtwegs (früher Langgasse).


Die Löschmannschaft von links: Reinhold Balßer; Willi Burk; Werner Mandler; Erich Steiß; Ernst Wagner

1978: Ein neuer Wettergockel für die Gleiberger Kirche

Es war natürlich nicht nur ein neuer (oder restaurierter) Wettergockel, mit dem Handwerker am 18. Dezember 1978 den Turm der Katharinenkirche unterhalb der Burg versahen. Vorausgegangen war unter der Bauleitung von Franz Schmidt eine Renovierung des Turmes mit Erneuerung des Turmdaches, die an jenem Wintertag bei minus 12 Grad ihr Ende fand.

Fotos: Siegfried Träger

Die Turmspitze wird mit einer Kugel versehen, die Dokumente der Zeit enthält.

Das Turmkreuz wird gesetzt

Und als Abschluss der Aktion kommt der golden glänzende Gockel an die Spitze des Ganzen

1925: Ehemalige Trafostation

Nur noch wenige Krofdorfer dürften sich an dieses eigenartige Bauwerk erinnern, das sich neben dem Backhaus zwischen Inselstraße und Hauptstraße befand. Bereits 1911 soll Krofdorf vom Elektrizitätswerk Gießen mit Strom beliefert worden sein, die bis dahin seit 1892 bestehende mit Öl betriebene öffentliche Straßenbeleuchtung wurde –  laut persönlicher Mitteilung durch Eduard Hoffmann, Dinslaken – nach Kinzenbach verkauft. Das Foto entstand 1925, unbekannt ist allerdings, wann das Häuschen errichtet und wieder beseitigt wurde. Ein Trafohäuschen der gleichen Bauart befand sich auch gegenüber der Oberförsterei am Beginn der heutigen Höhenstraße.

Bildgeber: Bernd Passinger, Gießen

Ein eiserner Koloss

Während heute das Getreide bereits auf dem Feld beim Ernten gedroschen und zu Strohballen verarbeitet wird, erledigten das in früheren Zeiten stationäre Dreschmaschinen riesigen Ausmaßes. Angetrieben wurden sie über einen Transmissionsriemen von einer Dampfmaschine. Um eben eine solche handelt es sich auf dem Foto unten. Deren Eigentümer war Ferdinand Wagner (ganz rechts), der seine Dienste zusammen mit einer  hier nicht sichtbaren Dreschmaschine in den 1930er Jahren auf seinem Hof in der Fohnbachstraße 25 anbot.

Bildgeberin: Gertrud Ludwig, geb. Wagner

1922: Der erste Konsum in Krofdorf

1922 wurde im Haus Hauptstraße 2 für Kroforf die erste Verkaufsstelle des genossenschaftlich organisierten Konsum-Vereins Gießen gegründet. Ihre Waren durften nur an Mitglieder des Vereins verkauft werden, die allerdings Anspruch auf Rückvergütung auf den gezahlten Warenpreis hatten. Das Konsumwesen stand, historisch bedingt, den Gewerkschaften und der SPD nahe.
Erster „Lagerhalter“ in Krofdorf war Hermann Schieferstein, Maurer von Beruf und Invalide des 1. Weltkriegs (auf dem Foto unten rechts). Zu sehen sind auch die beiden Verkäuferinnen, im Fenster links Lina Becker aus der Kinzenbacher Straße 5, neben ihr Luise Schmidt aus der Kinzenbacher Straße 3. Später etablierte sich der Konsum im Haus Burgstraße 1.

Bildgeberin und Information: Therese Spengler, geb. Schieferstein

Massenweise Rollmöpse

Kaum erkennbar dürfte auf den ersten Blick sein, womit diese sechs Damen beschäftigt sind. Was sich da vor ihnen auftürmt sind tatsächlich Rollmöpse, um von ihnen verkaufsfertig portioniert zu werden. Das Foto entstand um 1961 in einem Nebengebäude des Anwesens Großgasse 8, wo sich die  auf Fischprodukte spezialisierte Firma „Picobello“ von Eugen Müller etabliert hatte.

Bildgeberin: Klara Röhrsheim

1930: Hänschen in der Grube

Noch ganz ohne Designer-Klamotten, sondern in sehr individuell gestalteter Alltagskleidung machen sich diese Mädchen und Buben einen schönen Lenz. Fotografiert hat sie der Gemeinderechner und Hobbyfotograf Wilhelm Göbler im Frühjahr 1930 in der den Freien Turnern dienenden Sprunggrube auf der „Steul“, an deren Stelle sich heute der rechte Teil der Gemeindeverwaltung befindet. Das Foto wurde am 29. April 1930 als Postkarte an Eduard Gombert nach Köln geschickt, dessen Sohn, sein „liebes Hänschen da sitzt, als ob er immer dazu gehörte.“, wie es im Text der Postkarte heißt. Hänschen, in Bildmitte mit kecker Kopfbedeckung, hielt sich tatsächlich nur zu Besuch bei Krofdorfer Verwandten auf.

Bildgeber: Hans Gombert, ehemals das Hänschen auf dem Foto.